Bilder & Story: Lara K., Beamtin im allgemeinen Vollzugsdienst

Lara K. ist Obersekretärin im Justizvollzugsdienst. Sekretärin = Büroarbeit? Nein, „Obersekretärin“ ist eine Amtsbezeichnung im öffentlichen Dienst: Lara K. betreut, versorgt und beaufsichtigt Gefangene in einer JVA. Ein besonderer Mensch-zu-Mensch-Beruf, den sie gegen keinen anderen eintauschen würde. Sie möchte von ihrer Arbeit erzählen, denn: „Draußen weiß man so wenig über den Justizvollzug!“

„Man muss Menschen mögen“

Ihre Empfindungen am ersten Tag in der JVA spürt Lara K. sechs Jahre später noch ganz genau. Sie wurde durch die gesamte Anstalt geführt, auch in einige Hafträume, die sind im Schnitt 9,25 Quadratmeter groß. „Dieses Gefühl: `Ich kann jetzt nicht einfach gehen´ war im ersten Moment beklemmend.“ Erst später am Tag, als sie vereidigt wurde und ihren Schlüssel bekam, wich der Druck. Der Schlüssel gibt Lara K. nicht nur Freiheit, sondern sehr viel Verantwortung. „Wenn man sagt, man kümmert sich, dann muss man das auch tun. Die Gefangenen müssen sich zu 100 Prozent auf mich verlassen: Dass ich jeden Morgen um 6 Uhr aufsperre. Dass ich ihnen die Post aushändige. Dass ich ihre Anliegen weiterleite, mich kümmere, wenn sie Probleme haben ... Es dauert ein bisschen, bis man von den Gefangenen anerkannt und respektiert wird. Man muss erstmal sein Können und seine Verlässlichkeit beweisen.“

„Die Gefangenen müssen sich zu 100 Prozent auf mich verlassen.“: Lara K. sorgt nicht nur für Sicherheit, sondern wirkt wesentlich an der Resozialisierung der Gefangenen mit. Ein guter Kontakt und ein starkes Vorbild sind wichtig.

Den Gefangenen begegnet Lara K. konsequent und bestimmt, klar und freundlich. „Man muss Menschen mögen“, sagt sie. Diese Haltung präge den Ton in der Frauenabteilung. Den hatte sie sich ganz anders vorgestellt: „Rauer, nicht so einen respektvollen Umgang. Bei den Frauen singen Gefangene auch manchmal und stecken andere an, andere kochen und backen gerne miteinander. (Natürlich gibt es da auch Unterschiede in den verschiedenen Anstalten und im Frauen- und im Männervollzug.) Wenn ich einer Gefangenen einen Tipp gebe, zum Beispiel, wie sie einen Brief formulieren könnte, kommt oft ein Dank zurück, sowas wie: `Jetzt kann ich wieder gut schlafen´.“ 

Die Stimmung kann blitzschnell umschlagen, ein Streit zwischen Gefangenen entzündet sich, auch tätliche Auseinandersetzungen kommen gelegentlich vor. Lara K. muss dann konsequent dazwischengehen, ihre Aufgabe ist es, sich und andere zu schützen. Sie ist in Selbstverteidigung mit und ohne Waffen ausgebildet, doch Pistole oder Einsatzstock trägt sie im Stationsdienst nicht. „Das wäre viel zu gefährlich. Bewaffnet sind wir nur zum Beispiel bei Gefangenentransporten oder beim Dienst auf dem Turm.“ Meist reichen klare Worte, im Notfall kann Lara K. mit ihrem Funkgerät Verstärkung rufen.

 
In meinem Beruf muss man Menschen mögen, Freude am Problemlösen haben, flexibel reagieren können. Und, ja, mutig sein, es gibt immer mal wieder enge Kisten, dann muss ich mich und andere schützen. Sollte wirklich einmal der Fall eintreten, dass ich angegriffen würde, bekäme ich sofort Hilfe.

Lara K., Obersekretärin im Justizvollzug

Bezugsperson in allen Lebenslagen ...

Lara K.s JVA ist sternförmig angelegt, von der Zentrale in der Mitte aus erstrecken sich vier Flügel mit je rund 100 Gefangenen, zwei Drittel von ihnen sind Frauen, in einer eigenen Abteilung auch einige Mütter mit Babys oder Kleinkindern. In Haft sind sie aus ganz unterschiedlichen Gründen. Oft sind es Drogendelikte, Beschaffungskriminalität, Diebstahl und Betrug, einige Frauen sitzen auch wegen Tötungsdelikten.

Wie läuft es ab, wenn eine Frau ihre Haft antritt? „Zunächst kommt die Frau zur Aufnahme in die sogenannte `Kammer´. Dort werden für sie die Gegenstände, die sie aus Sicherheitsgründen nicht mit in die Anstalt nehmen darf, aufbewahrt – zum Beispiel ihr Handy,“, legt Lara K. los. „Wenn sie dann auf unsere Station kommt, erkläre ich ihr den Tagesablauf und alles, was für die erste Zeit wichtig ist. Zum Beispiel den Notruf im Haftraum für den Fall, dass sie gesundheitliche Probleme hat oder eine Panikattacke. Der Sozialdienst klärt die persönliche Situation. Wo sind die Kinder untergebracht? Sind noch Haustiere in der Wohnung? Wer wird die Gefangene besuchen? Ach, die Mama ... Wie steht sie zur Tochter, was denkt sie über die Haftstrafe?“ 

Justizarbeit ist Teamwork: Die Beamtinnen und Beamten im allgemeinen Vollzugsdienst in einer JVA arbeiten auch eng mit den Beschäftigten im Werkdienst zusammen: dem Gärtner, der Schreinerin oder, wie hier, dem Küchenmeister. Klicken Sie hier zur Story von JVA-Küchenmeister Michael K.

Während der Monate oder Jahre der Haft wird Lara K. zur wichtigen Bezugsperson für die Gefangenen. Ihre Unterstützung brauchen die Frauen in vielen Situationen. Zum Beispiel, wenn die eine oder andere in der JVA zum ersten Mal in ihrem Leben mit einem geordneten Tagesablauf klarkommen muss – und mit den Regeln im Strafvollzug. Oder wenn sie Fragen haben, zu Anträgen, zu ihren Rechten und Pflichten. 

Für die Frauen da sein, wenn’s ans Eingemachte geht

Und auch, wenn’s ans Eingemachte geht, ist Lara K. für die Gefangenen da. „Wenn sich zum Beispiel eine Frau lange auf den Besuch von ihrem Mann freut. Und dann sagt er ihr, dass er sich von ihr trennt! Sie kann nicht mit ihren Freundinnen whatsappen und sich Trost und Rat holen. Dann versuche ich sie aufzufangen.“ Lara K. sitzt im Gerichtssaal neben den Frauen, zum Beispiel bei Scheidungsterminen oder Sorgerechtssachen und begleitet sie bei Ausführungen zu Fachärzten außerhalb der Anstalt oder im Krankenhaus. Das schafft Nähe, einerseits. Andererseits: „In den Vorschriften steht: `Die Distanz ist zu wahren.´ Ich verrate den Gefangenen nichts Persönliches. Mein Alter oder mein Vorname gehen sie nichts an. Das dient meinem Selbstschutz.“ Wichtig sei auch, alle Gefangenen gerecht zu behandeln und darauf zu achten, dass niemand benachteiligt wird. 

Neue Sichtweisen eröffnen und Werte vermitteln

Lara K. wirkt im Justizvollzug wesentlich an der Resozialisierung mit. „Manche Frauen müssen wir dazu anhalten, pünktlich aufzustehen, sich zu pflegen, nicht im Nachthemd oder barfuß herumzulaufen, Bitte und Danke zu sagen, ihren Haftraum zu reinigen. Einige haben es nie gelernt, andere haben grundlegende Werte irgendwo auf ihrem Weg verloren. Wir erleben oft Rückschläge, es ist anstrengend, einer erwachsenen Frau jeden Tag zu sagen: Bitte duschen Sie sich. Aber wir erleben auch super Erfolge. Eine junge Frau kam zu uns und sprach eine üble Gossensprache. In den drei Jahren ihrer Haftzeit hat sie viele Angebote in der Anstalt genutzt und spricht jetzt sehr gut. Das wird ihr auch nach der Entlassung draußen helfen.“  

 
Es ist befriedigend, wenn man einen Draht zu Gefangenen findet, ihnen andere Sichtweisen eröffnen und Werte vermitteln kann – und diese dann reflektiert bekommt. Wenn ich Frauen mit übelsten Schicksalen helfen kann, dann fahre ich glücklich nach Hause.

Lara K., Obersekretärin im Justizvollzug
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Ein Tag in der JVA

Wie läuft der Alltag auf Lara K.s Station ab? Hier stellt sie uns einen typischen Werktag vor:

  • 5.45 Uhr: Dienstbeginn. Wenn ich eingestempelt habe, hole ich meinen Schlüssel, gehe ins Dienstzimmer, schalte den Computer und die Notrufanlage an.“
  • 6.00 Uhr: Wecken. Ich sperre die Hafträume auf und mache die Unversehrtheitskontrolle. Ich gehe erst raus, wenn ich sicher bin, dass es den Frauen gut geht. Die Gefangenen frühstücken und machen sich für den Tag bereit.“
  • 6.45 Uhr: Arbeitsbeginn für die Gefangenen. Frauen, die nicht arbeiten, zum Beispiel Schwangere und Rentnerinnen, bleiben im Haftraum oder nehmen Termine wahr. Am Vormittag ist viel los, Gefangene bekommen Besuch von Angehörigen oder Verteidigern, haben Termine beim Arzt, bei der Suchtberatung oder der Krankengymnastik ...“
  • 11.15 bis 12 Uhr: Mittagspause. Die Gefangenen können duschen, kochen, essen ... Wir verteilen Lebensmittel, beaufsichtigen die Einnahme der Medikamente, kontrollieren die Hafträume, führen Gefangene zum Anwaltsbesuch vor und vieles mehr.“
  • 15.15 bis 19.30 Uhr: Freizeit. Die Gefangenen kochen oder backen gern gemeinsam, spielen Tischtennis oder Karten. Ab 15.30 Uhr ist eine Stunde Hofgang, draußen können die Gefangenen sich bewegen, Sport treiben, sich sonnen oder einfach ratschen. Um 16.30 Uhr wird die Post verteilt.“
  • 19.30 Uhr: Einschluss. Wir kontrollieren, ob alle Gefangenen in ihren Hafträumen sind.“

Foto-Interview mit Lara K.

Was bewegt Lara K. an ihrer Arbeit im Justizvollzug, was begeistert sie im Berufsalltag? Das zeigt uns die Beamtin im allgemeinen Vollzugsdienst gleich hier in der Bilderserie:

Karriere in der JVA: Wie sind Sie denn darauf gekommen?

„Man erfährt draußen relativ wenig über die Arbeit in einer JVA ... Das hat meine Neugier geschürt!“

Wie fühlte sich Ihr erster Tag in der JVA an?

„Man kann nicht einfach gehen, das fand ich ungewohnt und im ersten Moment beklemmend. Aber das hat sich gelegt, als ich am selben Tag meinen Schlüssel bekam: Mit ihm habe ich die Freiheit wieder gefühlt.“

Auch früher haben Sie mit Menschen gearbeitet. Was macht den Unterschied?

„Ich arbeite über einen längeren Zeitraum mit denselben Menschen. Sie kommen als frisch Inhaftierte, ich begleite sie auf ihrem Weg.“

Sie kümmern sich also nicht nur um die Sicherheit?

„Nein, ich kümmere mich nicht nur um Sicherheitsaufgaben! Ich bin Ansprechpartnerin für alle Fragen, bei allen Problemen. Ich informiere, berate, vermittle bei vielen alltäglichen Fragen. Außerdem ist das auch ein wesentlicher Teil unserer sozialen Sicherheit, an den man vielleicht nicht sofort denkt.“

Was für ein Ton herrscht in der Frauenabteilung?

„Ich hatte mir einen raueren Ton vorgestellt, nicht ein so respektvolles Miteinander.“ 

Welche Stärke schätzen die Gefangenen an Ihnen?

„Dass sie sich auf mich verlassen können!“

Müssen Sie auch ein Vorbild sein?

 

Tragen Sie eigentlich eine Waffe im Dienst?

Sie erleben Schicksale hautnah mit, stimmt’s?

Was erfahren die Gefangenen denn über Sie persönlich?

Was ist Ihre Botschaft an die Leute „draußen“?

Ein Blick in die Zukunft: Wo arbeiten Sie in 20 Jahren?

„Genau hier!“

Lara K.s Botschaft an uns „draußen“

 
Jeder sollte wissen: Erstens, Menschen, die eingesperrt sind, sind auch Menschen. Zweitens, jeder von uns könnte in ihre Lage kommen, eine falsche Entscheidung treffen, einen Autounfall verursachen oder die Steuererklärung des Mannes unterschreiben, der Steuern hinterzieht. Und drittens: Unser Beruf ist viel, viel mehr, als Türen auf- und zuzusperren.

Lara K., Obersekretärin im Justizvollzug

Allgemeiner Vollzugsdienst: mein Traumberuf

Lara K. kann sich gut vorstellen, ihr restliches Berufsleben in der JVA zu gestalten, denn:

  • Im Justizvollzug kann ich Menschen auf ihrem Weg begleiten und ihre Entwicklung erleben.
  • Ein Tag beginnt im normalen Takt – und im nächsten Moment dreht sich alles: Diese Vielfalt liebe ich. 
  • Mein Berufsalltag verändert sich ständig mit den Menschen, die kommen und gehen. 
  • Es gibt interessante Karrieremöglichkeiten. Ich mag meinen Beruf, so wie er ist! Natürlich auch wegen der Sicherheit und der vielen Vorteile als Beamtin. Für Justizvollzugsbeamte gibt es noch zusätzliche Vorteile.