Berufsbild: Richterin, Richter
Richterinnen und Richter haben eine besondere Stellung im Staatsdienst: Sie sind nicht weisungsgebunden, sondern allein Recht und Gesetz verpflichtet.
Zwei Berufe in einem? Ja! Wer eine Karriere in der bayerischen Justiz anstrebt, entscheidet sich sowohl für eine Tätigkeit als Richterin und Richter als auch als Staatsanwältin und Staatsanwalt. Nach dem Berufseinstieg sammeln Richterinnen oder Richter und Staatsanwältinnen oder Staatsanwälte Erfahrung in der Staatsanwaltschaft und bei Gericht. Damit eröffnet sich die Wahl zwischen zwei ebenso vielfältigen wie erfüllenden Berufsfeldern. Was beide verbindet: höchste (Eigen-)Verantwortung, viele interessante Themen und attraktive Karriere-Optionen.
Richterinnen und Richter haben eine besondere Stellung im Staatsdienst: Sie sind nicht weisungsgebunden, sondern allein Recht und Gesetz verpflichtet.
Richterinnen und Richter: sachlich und persönlich
unabhängig
Artikel 92 Grundgesetz vertraut die rechtsprechende
Gewalt den Richterinnen und Richtern an. Richterinnen und Richter sind bei
der Rechtsprechung unabhängig und nur Recht und Gesetz unterworfen. Neben
dieser sachlichen genießen sie auch persönliche Unabhängigkeit: So können sie
nur in einem sehr eng begrenzten Rahmen gegen ihren Willen versetzt werden. Die
Einzelheiten zum Richteramt, von der Befähigung bis zu den Rechten und
Pflichten, legen eigene Gesetze fest: das Deutsche
Richtergesetz (DRiG) und
das Bayerische Richter- und
Staatsanwaltsgesetz (BayRiStAG).
Wer im Richteramt tätig ist, begegnet häufig Menschen in Ausnahmesituationen, zum Beispiel
In vielen Verhandlungen werden Schicksale in der Rückblende abgespult, teilweise müssen sich Menschen schwer belastenden Ereignissen noch einmal stellen. Richterinnen und Richter begegnen ihnen neutral und unparteiisch. Dabei hilft ihnen Fingerspitzengefühl und Sicherheit im Umgang mit Konflikten. Referendarinnen und Referendare können sich davon bereits in der Praxisausbildung bei erfahrenen Kolleginnen und Kollegen ein Bild machen.
Richterinnen und Richter in der bayerischen Justiz sind an Amts- und Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bayerischen Obersten Landesgericht tätig. Während ihrer Laufbahn können sie die Einsatzorte, Gerichte und Rechtsgebiete wechseln, etwa vom Zivilrecht ins Strafrecht, Familienrecht oder die freiwillige Gerichtsbarkeit. Auch Wechsel zur Staatsanwaltschaft sind möglich und gewünscht, genauso wie vorübergehende Einsätze zum Beispiel in Bundes- oder Landesministerien. (Sofort mehr erfahren: Lesen Sie weiter unter Karriere in der Justiz).
Die Vielfältigkeit ist ein Aushängeschild der Justiz. Man genießt viel Freiheit, hängt niemals fachlich oder räumlich fest.
Dr. Anne-Kristin Fricke, Richterin. Mehr erfahren: direkt zu Dr. Anne-Kristin Frickes Karriere-Story
Entscheidungen zu treffen ist die Kernaufgabe von Richterinnen und Richtern. Dafür ist viel Vorarbeit nötig: sich mit einem Fall vertraut machen, die Akten akribisch studieren. In manchen Fällen können sie anhand der Aktenlage entscheiden – oder, im Zivilrecht, eine gütliche Einigung zwischen den Parteien herbeiführen. Ansonsten bereitet die Richterin oder der Richter eine Hauptverhandlung bzw. mündliche Verhandlung vor.
In der Verhandlung übernehmen sie den Vorsitz, hören Aussagen von Zeuginnen und Zeugen, Sachverständigen sowie den Angeklagten bzw. Prozessparteien. Schließlich fällen sie das Urteil, verkünden dieses und verfassen eine schriftliche Begründung. Manche Urteile – wie die Verhängung von Haftstrafen oder hohen Geldstrafen – sind von existenzieller Bedeutung für die Angeklagten. Richterinnen und Richter tragen eine enorm hohe Verantwortung für ihre Verfahren und die Prozessbeteiligten.
Richterinnen und Richter sind unabhängig – aber keine „Einzelkämpfer“. Vor allem an Landgerichten und Oberlandesgerichten treffen sie Entscheidungen häufig zu zweit oder zu dritt. Bei manchen Strafverfahren wirken zusätzlich zwei Schöffinnen bzw. Schöffen mit.
Bei den administrativen Aufgaben werden Richterinnen und Richter – genauso wie die Staatsanwaltschaft – durch ihre Geschäftsstelle unterstützt. Dort kümmern sich zum Beispiel Justizfachwirtinnen und Justizfachwirte um reibungslose Abläufe, bereiten Sitzungen vor, verwalten Prozessakten und sind wichtige Ansprechpersonen für Prozessbeteiligte.
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind an den Staatsanwaltschaften und Generalstaatsanwaltschaften tätig. Sie sind immer dann zuständig, wenn der Verdacht auf eine Straftat besteht. Erstattet zum Beispiel jemand Anzeige, leitet die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren – in enger Zusammenarbeit mit der Polizei. Teilweise sind die zuständigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte bei den Ermittlungen am Tatort dabei, nehmen an Durchsuchungen teil oder führen selbst Vernehmungen durch.
Staatsanwaltschaft: neutrale Ermittlungsbehörde
Die Staatsanwaltschaft vertritt keine der beteiligten Parteien, sondern den Staat. Sie ist nicht die „Gegnerin“ der Beschuldigten, sondern trägt belastende genauso wie entlastende Beweismittel oder Aussagen zusammen.
Erhärtet sich ein Verdacht, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage. In der Hauptverhandlung vertritt sie die Anklage, befragt die Beteiligten und beantragt die Strafe. Und auch für die Strafvollstreckung ist die Staatsanwaltschaft verantwortlich und lädt zum Beispiel Verurteilte zum Strafantritt.
Die Arbeit mit Akten ist das Herzstück der staatsanwaltlichen Tätigkeit. Rasch die wesentlichen Punkte zu identifizieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen: Dieses Können wächst mit der Erfahrung. „Akten“: Das klingt irgendwie verstaubt? Nein, denn hinter jeder Akte stehen echte Menschen, echte Ereignisse. Und auf der digitalen Akte (E-Akte) kann sich künftig sowieso kein Staub ansammeln ...
Die Richterausbildung umfasst das Jurastudium, die Erste Juristische Prüfung, den Vorbereitungsdienst (Referendariat im Zivilrecht, Strafrecht, Verwaltungsrecht, einer Rechtsanwaltskanzlei und einer Wahlstation) und die Zweite Juristische Staatsprüfung. Nur wer sie überdurchschnittlich gut besteht, kann sich bewerben.
Gericht oder Staatsanwaltschaft? Unabhängig von der angestrebten Tätigkeit sammeln junge Kolleginnen und Kollegen in der Probezeit jedenfalls praktische vielfältige Erfahrung bei der Staatsanwaltschaft und übernehmen mehr und mehr Verantwortung.
Kurz erklärt...
Dr. Anne-Kristin Fricke, Richterin für Zivilsachen am Landgericht München I.
Dr. Anne-Kristin Fricke: „Ich habe Jura studiert und wollte eigentlich in den diplomatischen Dienst gehen. Doch dann kam in meiner Ausbildung die Gerichtsstation. Ich war in einer Kammer mit tollen Richterinnen und Richtern, die Station in meinem Referendariat hat mich nachhaltig beeindruckt. Es ist eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit und man gibt auch etwas zurück. Die Justiz bietet unglaublich viele Möglichkeiten – man kann Richterin oder Staatsanwältin sein, man kann veröffentlichen, unterrichten, Tätigkeiten wie ich als Güterichterin übernehmen – und auch immer wieder die Perspektive wechseln, von der Staatsanwaltschaft zum Gericht und umgekehrt. Oder vorübergehend an ein Bundesministerium gehen ... Man kann sich ab und an verändern oder auch sein „Steckenpferd“ suchen und dabeibleiben. Diese Vielfältigkeit ist ein Aushängeschild der Justiz. Man genießt viel Freiheit, hängt niemals fachlich oder räumlich fest. Und man ist gehalten in einer großen Gemeinschaft.“
Eine von vielen Fortbildungschancen: als Güterichterin zwischen Parteien vermitteln
Dr. Anne-Kristin Fricke hat eine Zusatzqualifikation zur Güterichterin gemacht. Das Güterichterverfahren ist eine gerichtsinterne Mediation. „Dabei sollen Menschen zueinanderkommen und, moderiert durch das Gericht, eine für beide Seiten gesichtswahrende Lösung finden“, erklärt Fricke. „Die Güterichterausbildung umfasst zwei Module und ggf. später eine Vertiefungsschulung; in Rollenspielen üben die Teilnehmenden verschiedene Techniken der Mediation ein. Diese Techniken kann ich auch in meinen streitigen Gerichtsverfahren einsetzen.“
Dr. Anne-Kristin Fricke: „Nach drei Jahren in der Staatsanwaltschaft ging ich als Beisitzerin in eine Kammer für Jugendschutz. Diese erste Richterstelle hat mich ganz entscheidend als Richterin und als Mensch geprägt. Die Arbeit dort war juristisch und emotional sehr herausfordernd, eine herausragende Tätigkeit, die mir sehr sinnvoll erschien, die mir aber auch teilweise schwergefallen ist: Ich musste darauf achten, die Fälle nicht `mit nach Hause zu nehmen´. Es ging um sexuellen Missbrauch, um körperliche Gewalt, wir haben Jugendliche und kindliche Opfer vernommen, Angehörige, schwerstkriminelle Straftäter. Mein Vorsitzender hat damals immer gesagt: `Mitfühlen darf man, aber mitleiden sollte man nicht.´ Denn als Richterin hat man ja auch immer eine Neutralitätspflicht.
Es war eine wichtige und auch schöne Zeit für mich, denn die Kolleginnen und Kollegen dort waren nicht nur juristisch brillant, sondern auch unheimlich nett und hilfsbereit, wir waren eine wahnsinnig enge Gemeinschaft, wir haben zusammengehalten, uns gegenseitig unterstützt. Auch die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, mit denen ich zusammengearbeitet habe, waren hoch engagiert: Das hat einem den Atem genommen, wie sehr sie sich reingehängt haben, um korrekt zu ermitteln, Straftäter zu überführen, die Opfer zu schützen ... Zu den Kolleginnen und Kollegen habe ich immer noch Kontakt, sie sind wie eine Wahlfamilie. Ich bin letztlich sogar ein Jahr länger geblieben, weil es mir so gut gefallen hat.“
Dr. Anne-Kristin Fricke: „Stimmt! Nach der Jugendschutzkammer habe ich mich für den gewerblichen Rechtsschutz entschieden, dieses Gebiet umfasst unter anderem Markenrecht, Urheberrecht, Kartellrecht, Patentrecht ... Spannend! Nach einer Weile dachte ich über eine zweite Runde in der Staatsanwaltschaft nach, aber dann wurde ich gefragt, ob ich nicht zusätzlich zu meiner Richtertätigkeit am Landgericht Pressesprecherin werden möchte. Als Pressesprecherin gehe ich oft in die Gerichtsverhandlungen von Kolleginnen und Kollegen. Meine Aufgabe ist es, der Öffentlichkeit zu erklären, welche Fälle wir haben, wie wir die entscheiden und warum. Diese Tätigkeit gefällt mir so gut, dass ich entschieden habe, am Gericht zu bleiben.“
Als Pressesprecherin gehe ich oft in die Gerichtsverhandlungen von Kolleginnen und Kollegen. Meine Aufgabe ist es, der Öffentlichkeit zu erklären, welche Fälle wir haben, wie wir die entscheiden und warum.
Dr. Anne-Kristin Fricke, Richterin am Landgericht München I
Dr. Anne-Kristin Fricke: „Kennen Sie den Straßenfeger aus Michael Endes Roman `Momo´? Er schaut nie ans Ende der Straße, sondern nur vor sich und fegt Besenstrich für Besenstrich weg. In schwierigen Situationen habe ich ihn mir als Vorbild genommen und mir beigebracht, nicht nach oben zu gucken und Panik zu schieben beim Anblick des Aktenberges, sondern den Kopf nach unten zu senken und zu überlegen: Wie laufen die nächsten paar Stunden? Und diese Aufgaben dann `Besenstrich für Besenstrich´ weggearbeitet. Und wenn ein Urteil fertig ist oder ein Vergleich protokolliert: dann gönne ich mir auch mal eine Pause, sitze auf den Gerichtsstufen und schlecke ein Eis.“
Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie bewerten Sie Ihre Berufszufriedenheit?
Richterin Dr. Anne Kristin-Fricke: „Mit einer 9! Ich hoffe, man merkt, ob in Verhandlungen oder in meiner Pressetätigkeit, dass ich da bin, wo ich hingehöre. Und das ist maßgeblich auch meinen Kolleginnen und Kollegen geschuldet, der Vielfältigkeit, der Kollegialität und dem bei uns herrschenden hohen Arbeitsethos. Das inspiriert und das ist einfach ansteckend.“
In Bayern gibt es 73 Amtsgerichte, 22 Landgerichte, 22 Staatsanwaltschaften, die Oberlandesgerichte und Generalstaatsanwaltschaften München, Nürnberg und Bamberg sowie das Bayerische Oberste Landesgericht. An diesen Standorten bietet die Justiz Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zahlreiche Karrierechancen. Beförderungen erfolgen nach dem Leistungsprinzip. Karriereziele sind zum Beispiel:
Wechsel zwischen Staatsanwaltschaft und Richteramt sind ein „Markenzeichen“ von Bayerns Justiz. Sie sind erwünscht und werden gefördert.
Obligatorisch: Wechsel zwischen Richteramt und Staatsanwaltschaft
Diese Durchlässigkeit ist sehr reizvoll, denn: Man lernt beide Seiten kennen, gewinnt wertvolle Erkenntnisse und kann in Verfahren das Gegenüber und die Situation noch besser einschätzen. Der Laufbahnwechsel ist auch für die Karriere interessant und eröffnet oft weitere Beförderungsmöglichkeiten. Übrigens: Ob Richteramt oder Staatsanwaltschaft, beide Karrierewege sind absolut gleichwertig.
Wer einige Jahre lang noch weiterreichende Erfahrungen sammeln möchte, kann sich auch über die klassische Tätigkeit hinaus erproben: in Sonderverwendungen wie zum Beispiel
Dabei handelt es sich regelmäßig um zeitlich befristete Tätigkeiten. Danach erfolgt die Rückkehr an ein Gericht oder eine Staatsanwaltschaft. Sonderverwendungen werden begrüßt und gefördert, denn: Diese vielfältigen Erfahrungen öffnen den Blickwinkel und bereichern unsere Justiz
Nebentätigkeiten:
Auch neben ihrem Amt können
Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte tätig werden, zum Beispiel als
Prüferinnen und Prüfer, in der Referendarausbildung oder beim Rechtskundeunterricht an
bayerischen Schulen.
Die Tätigkeiten bei bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften sind attraktiv, die Stellen sehr begehrt. Dazu trägt auch bei, dass Bayerns Justiz die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördert. Und: Die Richterbesoldung liegt im bundesweiten Spitzenbereich!
Viel Verantwortung, starkes Engagement – hohe Berufszufriedenheit: das gilt für Richterinnen und Richter genauso wie für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.
Die Tätigkeiten bei bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften sind attraktiv, die Stellen sehr begehrt. Jedes Jahr gibt es mehr Bewerberinnen und Bewerber als offene Stellen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen. Aktuell werden mindestens 8,00 Punkte in der Zweiten Juristischen Staatsprüfung vorausgesetzt.
Zur Qualifikation gehören zum Beispiel breites Fachwissen und präsente Fachkenntnisse, Einsatzbereitschaft und Belastbarkeit, die Fähigkeit, Schwerpunkte zu bilden und sich auf die wesentlichen Argumente zu konzentrieren und natürlich: Ausdrucks- und Argumentationsvermögen, Flexibilität, Entscheidungsfreude und Sozialkompetenz.
Formale Voraussetzungen für die Einstellung
Herunterladen und teilen: Dieser Folder fasst die wichtigsten Berufsinfos zusammen:
Folder „Berufsziel Richterin oder Richter und Staatsanwaltwältin oder Staatsanwalt“ (PDF)
Welche Eignung müssen Juristinnen und Juristen mitbringen, welche weiteren Qualifikationen können berücksichtigt werden, welche persönlichen Stärken zählen? Laden Sie hier die Anforderungsprofile herunter:
„Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte“ (PDF)
Aktuelle Termin- und Detailinfos rund um die Erste und Zweite Juristische Staatsprüfung hat das Landesjustizprüfungsamt hier zusammengestellt:
Staatsprüfungen: Termine & aktuelle Hinweise
Hier informiert das Bayerische Staatsministerium der Justiz detailliert über die Bewerbung sowie Voraussetzungen, erforderliche Unterlagen und Ansprechpersonen. Außerdem können Sie den Bewerbungsbogen und dienstrechtliche Erklärungen herunterladen:
Bewerbung: Detailinfos & alle Unterlagen