Bilder & Story: Isabelle A., Justizwachtmeisterin

Kleine Brötchen backen? Nicht Isabelle A.s Ding. Als Konditorin schuf sie Torten-Kunstwerke, sieben Jahre lang. Dann hatte sie Lust auf etwas ganz Neues und startete in der Justiz durch. Heute sorgt sie als Justizwachtmeisterin in einem großen Gerichtsgebäude für Sicherheit und Ordnung, genießt die Arbeit mit Menschen und freut sich über ihre vielfältigen Aufgaben. 

Vielfalt. Abwechslung. Spannende Begegnungen!

Wenn Isabelle A. morgens zum Dienst kommt, zieht sie ihre blaue Uniform an und legt ihren Einsatzgürtel um. Und damit endet auch schon die Routine, denn für die Beamtin ist kein Arbeitstag wie der andere. Das liegt zum einen an ihren vielfältigen Aufgaben (die lernen wir gleich kennen). Und zum anderen daran, dass sie im Beruf jeden Tag auf Menschen im Ausnahmezustand trifft: weil sie als Angeklagte, Zeuginnen oder Zeugen vor Gericht stehen oder weil sie erleben möchten, wie Gerechtigkeit gemacht wird und eine Verhandlung besuchen.

Wegen dieser Vielfalt, der Abwechslung und den spannenden Begegnungen findet Isabelle A. ihren Job als Justizwachtmeisterin so attraktiv. Und ganz besonders liege es an ihren Kolleginnen und Kollegen, dass ihr an ihrem Beruf auch nach neun Jahren noch „eigentlich alles Spaß“ mache, sagt sie. Teamarbeit zeichnet die Arbeit in der Justiz aus. Im Wachtmeisterdienst ist es entscheidend, dass sich alle jederzeit auf die anderen verlassen können. 

Ihre Uniform macht Isabelle A. als Ansprech- und Respektsperson erkennbar. Ihr selbst vermittelt sie Selbstbewusstsein.

Einlassdienst: Ansprech- und Respektsperson

Zum Beispiel im Einlassdienst, einem der Einsatzbereiche von Isabelle A.. „Wir kontrollieren jeden Bürger, der ins Gericht kommt, egal ob als Zeuge, Zuhörer oder weil an der Kasse eine Strafe zu zahlen ist“, erklärt die Justizwachtmeisterin. „Man kann sich das vorstellen wie am Flughafen, man legt Jacke, Gürtel und Armbanduhr ab und leert die Hosentaschen. Dann wird die Aktentasche oder der Rucksack im Röntgengerät durchleuchtet und man selbst geht durch eine Torsonde. Wenn sie anschlägt, überprüfen wir die Person mit einer Handsonde.“ Das ist die piepende Kelle, die am Körper entlanggeführt wird. 

Was Menschen so alles ins Gerichtsgebäude bringen ...

„Einmal hatte ein Mädchen eine Feinwaage dabei, wie sie zum Portionieren von Drogen verwendet wird“, erzählt Isabelle A. „Wenn wir beim Röntgen oder mit der Sonde solche Gegenstände entdecken, haben wir das Recht, die Person zu durchsuchen. Wir führen sie in ein Separee, wo sie sich geschützt vor fremden Blicken auszieht. Bei dem Mädchen steckten die Drogen unter dem Top ...“ Manche Besucherinnen und Besucher bringen auch die erfahrene Beamtin zum Staunen. „Sie kommen mit einer Schreckschusspistole oder einem Springmesser ins Gericht und legen sie ungerührt in die Plastikwanne vor dem Röntgengerät.“ In solchen Fällen ruft die Justizwachtmeisterin die Polizei.

Sicherheit ist das erste Gebot. Im Verdachtsfall durchsucht Isabelle A. das Gepäck von Besucherinnen und Besuchern. 

Erklären, beruhigen, klare Ansagen machen

Genauso wichtig wie Genauigkeit und Sorgfalt ist beim Einlassdienst die Kommunikation. „Wir sind die ersten Ansprechpartner – und die, die Leute auch mal beruhigen, wenn sie aufgeregt oder aggressiv sind.“ Isabelle A. erklärt, beruhigt, macht bei Bedarf klare Ansagen. Meist nimmt sie so ihrem Gegenüber den Wind aus den Segeln. Handgreiflich werden musste sie bisher kaum, zur Waffe greifen noch nie. „Einmal musste ich mit einer Kollegin eine randalierende Frau aus dem Gebäude bringen. In solchen Momenten steigt der Adrenalinpegel, aber Angst hatte ich noch nie.“ Ihre Uniform empfindet Isabelle A. als starke Unterstützung. „Man tritt in Uniform selbstbewusster auf, weil man Sicherheit ausstrahlt. Die Uniform macht mich sichtbar als Ansprechperson, aber auch als Respektsperson.“

 
 
Man tritt in Uniform selbstbewusster auf, weil man Sicherheit ausstrahlt. Die Uniform macht mich sichtbar als Ansprechperson, aber auch als Respektsperson.

Vorführ- und Sitzungsdienst: alle(s) im Blick

Aktuell arbeitet Isabelle A. im Vorführdienst (springt aber bei Bedarf in allen anderen Abteilungen ein). Sie nimmt Gefangene in Empfang, die aus der JVA ins Gerichtsgebäude gebracht wurden. Auf einem Laufzettel finden sich alle wichtigen Infos: Welches Delikt wird ihnen vorgeworfen, besteht ein Kontaktverbot, haben sie eine übertragbare Krankheit? Die Gefangenen führt sie erst in eine Zelle, später in den Gerichtssaal. „Sicherheit steht dabei an erster Stelle. Deshalb sind manchmal Hand- oder Fußfesseln notwendig. Im Sitzungssaal entscheidet dann die Richterin oder der Richter, ob die Gefangenen gefesselt bleiben“, beschreibt Isabelle. „Wir sitzen immer zu zweit versetzt neben dem oder der Gefangenen und können jederzeit eingreifen.“

 
Man denkt, man kann alles, wenn man aus der Justizakademie kommt. Aber die Stärke in der Kommunikation und das Selbstbewusstsein wachsen in der Praxis.

Ruhe, bitte! (Und Mütze ab.)

Im Gerichtssaal führt Isabelle A. auch Sitzungsdienst. Sie legt die Akten bereit, bittet die Zeuginnen und Zeugen herein, verwaltet die Formulare für die Sitzungsentschädigung. Und vor allem sorgt sie für Ruhe und Ordnung. Dass man im Gerichtssaal nicht filmen darf: logisch. Aber wussten Sie schon, dass auch Kaugummikauen, Handygames und die Basecap auf dem Kopf unerwünscht sind? Alles eine Frage des Respekts vor dem Gericht. Bei manchen Prozessen gilt eine höhere Sicherheitsstufe. „Wenn die Gefahr besteht, dass Gefangene befreit werden sollen, können die Richterinnen und Richter zum Beispiel ein Handy- oder Rucksackverbot im Sitzungssaal anordnen. Einmal wurde vermutet, dass Zeugen bestochen werden sollen. Da mussten wir den 30 oder 40 Leuten im Saal das Geld abnehmen, zählen, sicher verwahren und es ihnen nach der Sitzung zurückgeben.“ Wie gesagt, Abwechslung ist das Markenzeichen von Isabelle A.s Beruf!

Keine Vorurteile. Jede Menge Verantwortung.

Isabelle A. geht „ohne Vorurteile auf die Menschen zu, freundlich, bei Bedarf bestimmt. Wenn Gefangene oder Zeugen Angst haben, beruhige ich sie. Wenn Angeklagte alkoholisiert sind, begleite ich sie und passe auf, dass ihnen nichts passiert, dass sie nach der Sitzung nicht vors Auto laufen ...“ Für die Justizwachtmeisterin ist Verantwortung ein Gesamtpaket.

Foto-Interview: Isabelle A., Justizwachtmeisterin

Vielfältiger Job – viele Fragen! Isabelle A. beantwortet sie mit vollem Einsatz:

Sie waren früher Konditorin. Toller Beruf, oder?

Wie fühlen Sie sich in Uniform?

„Ich strahle Sicherheit aus. Die Menschen fühlen sich sicher in meiner Nähe.“

Worauf kommt es in Ihrem Beruf an?

„Man muss gut kommunizieren können, Fingerspitzengefühl haben, einfühlsam auf Menschen zugehen.“

Wie viel wiegt Ihr Einsatzgürtel?

„Den Einsatzgürtel spürt man schon. Aber ein Untergürtel sorgt für Entlastung. Und wir lernen auch, wie man in einer schonenden Haltung längere Zeit steht.“

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Was hängt denn alles dran?

„Bei bestimmten Diensten trage ich den Einsatzgürtel mit Handschellen, Vorführzange, Pfefferspray, Einsatzstock und Pistole.“ Auf dem Foto ist das Pistolenhalfter leer, denn Isabelle A. darf ihre Waffe nur im Gerichtsgebäude tragen.

Vorführzange? Wofür ist die denn?

„Mit der Vorführzange führen wir Gefangene zum Beispiel von ihrer Zelle im Gerichtsgebäude in den Verhandlungssaal.“

Im Sitzungsdienst achten Sie darauf, dass im Publikum keiner ... was nochmal macht?

Sportprüfung, 9 Liegestütze, 18 Sit-ups: schaffen Sie die?

So vielfältige Aufgaben ... Welche mögen Sie am meisten?

„Ich mag gerade die Vielfalt. Und besonders, dass ich mit so vielen Menschen zu tun habe.“

Worauf sind Sie stolz?

Justizwachtmeisterin: mein Traumberuf

Isabelle A. hat noch viele weitere Aufgaben. Mal gibt sie Auskunft im Pfortendienst, mal kümmert sie sich um die Post, stempelt Schriftstücke, Klagen und Gutachten und sortiert sie nach Aktenzeichen in Fächer; wenn sie Zeit hat, hilft sie in der Telefonzentrale mit ... (Tipp! Alle Berufsinfos: zum Berufsbild Justizwachtmeisterin, Justizwachtmeister) „Dass ich mit Menschen arbeite und mein Dienst so viele Facetten hat, gefällt mir gut“, bekräftigt die Justizwachtmeisterin. 

Für die Arbeit in der Justiz hatte sie ihren Job als Konditorin aufgegeben. Gab es einen Schlüsselmoment, in dem ihr klar wurde, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte? „Das weiß ich in jedem Moment“, lacht Isabelle A.. „Ich bin jeden Tag froh. Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz, bin verbeamtet – und Nachtarbeit gibt’s für mich auch nicht mehr.“ Die Justizwachtmeisterin könnte Karriere machen, in den mittleren Dienst aufsteigen. „Aber ich bin Praktikerin und will in meinem Beruf bleiben.“

Justizwachtmeisterin bzw. Justizwachtmeister: 5 gute Gründe

  • Arbeit mit Menschen und für Menschen.
  • Vielfalt pur, täglich Abwechslung, null Langeweile.
  • Sicherer Arbeitsplatz, keine Nachtdienste, alle Vorzüge der Verbeamtung.
  • Zusammenhalt in einem netten, starken Team.
  • Und: „Wir Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister tragen einen Teil zur Gerechtigkeit bei. Wir sorgen für Sicherheit und Ordnung: Wir schützen die Justiz!“ (Isabelle A.)